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    Der Traum von Freiheit

    Diese Sehnsucht
    zu fliegen
    über die Grenzen der Welt ...

    Der Traum von Freiheit:
    getragen sein
    ohne Angst vor dem Fall


     

    Von Gartenzäunen, Gänseblümchen und von der wahren Liebe.

    Für M. und I. zur Hochzeit.

     

    Dies ist die Geschichte eines warmen Sommertags, an dem ich glaubte, allein zu sein. Die Geschichte einer rätselhaften Stimme. Vielleicht auch nur eine Geschichte: etwas, das niemals war, und doch wahr sein könnte

    „Du wirst“, sagte die Stimme zu mir, „wahre Liebe von einem Gänseblümchen lernen.“
    Ich verstand nicht. „Wer bist du?“, hätte ich gerne gefragt.
    Und: „Was sprichst du mir von wahrer Liebe?“ Aber ich wagte es nicht.

    „Das Gänseblümchen“, begann die Stimme wieder, „wird dich lehren, dass eigentlich alles liebenswert ist, was man mit Liebe betrachtet. Wenn du liebst, wirst du noch im Unscheinbarsten ein Wunder entdecken, das für alle anderen unsichtbar ist.

    Ich dachte eine Weile nach. „Einen Menschen lieben bedeutet …“ wiederholte ich dann.
    „Einen Menschen lieben,“ sagte die Stimme, „ist, wie aus einem Ei ein Vogel oder einer Raupe ein Schmetterling wird. Ein Wesen wächst, entwickelt, wandelt sich – und wenn du es liebst, wirst du bereit sein müssen, ihm zu folgen durch all seine Verwandlungen.
    Du wirst sogar eine Raupe lieben müssen, wenn du eines Tages mit dem Schmetterling auf den Winden des Himmels tanzen willst!"
    „Aber“, wandte ich ein, „der Schmetterling hat Flügel. Das bedeutet: Er ist frei. Er könnte davonfliegen.“ „Ja“, antwortete die Stimme. „Ob Schmetterling oder Vogel – er hat Flügel. Er ist frei. Genau wie du. Nicht du selbst hast das Geheimnis deiner Liebe in der Hand.“ Ich schwieg lange, doch die Stimme hatte recht. Darum erwiderte ich schließlich: „So ist es. Das Geheimnis meiner Liebe ist das Du.“
    „Und darum wirst du“, antwortete mir die Stimme, „vielleicht, wie der Vogel und der Schmetterling, in der Liebe die Freiheit erfahren. Aber das genügt nicht.“
    Ich staunte. „Das genügt nicht? Was fehlt denn dann noch?“

    „Du wirst“, begann die Stimme von neuem, „wahre Liebe von einem Gartenzaun lernen. Bedenke: Nur dort gibt es wahre Liebe, wo du dich endgültig, unwiderruflich, entschieden hast. Eure Liebe braucht Grenzen, um sich entfalten, um werden zu können.“

    Ich glaubte ihr nicht: „Warum soll ich Grenzen brauchen, um werden zu können?“ –
    „Darum“ antwortete die Stimme, „weil eure Beziehung das ‚Drinnen‘ braucht, den Raum unerschütterlicher Treue, in dem man sich getrost bergen kann in das Wagnis der Liebe.
    Aber: vergesst nicht das Gartentor in eurem Zaun! Nur wenn ihr in Solidarität und Freundschaft euch anderen öffnet, wird eure Liebe auf Dauer bestehen können.“

    „Auf Dauer bestehen“, sagte ich, „auf Dauer bestehen, das ist sehr schwer.“ – „Ja,“ antwortete mir die Stimme, „das ist schwer. Und darum wirst du, eines Tages vielleicht, wahre Liebe von einem Regenbogen lernen müssen. Dann nämlich, wenn durch eure Tränen das Licht Gottes fällt... Dann wird er sichtbar: das Zeichen, dass auch euch die Verheißung eines Neuanfangs gilt, und das Versprechen, dass Er, euer Gott, eurem Bund die Treue hält.“

    Damit schwieg die Stimme – so lange, dass ich schon fürchtete, sie sei für immer verstummt.
    Doch schließlich fügte sie leise noch hinzu: „Zuletzt, glaube ich, wirst du wahre Liebe aus deinen eigenen Worten lernen. Weißt du, Worte schaffen Wirklichkeit. Und deshalb wird, durch diese Worte, dein Leben anders sein als zuvor. Du hast dich gebunden, ‚in guten und in bösen Tagen‘, und durch diese deine Worte wirst du – du.“ Und wieder verstummte die Stimme.

    Nach langer Zeit erwiderte ich staunend: „Durch meine Worte – werde ich?“ „Durch deine Worte wirst du“, bestätigte sie. „Genau darin nämlich liegt die wahre Freiheit und Größe des Menschen, dass er sich und sein ganzes Leben in dieses eine Wort der Liebe hineinlegen kann. Durch deine Worte wirst du.“
    „Was aber“, fragte ich schließlich, „was aber werde ich?“ 
    „Du wirst.“, antwortete die Stimme nur.
    Noch einmal bat ich sie: „Sag mir doch: Was werde ich?“ – Doch ihre Antwort blieb dieselbe.
    „Du wirst.“ sagte die Stimme.
    Und schwieg.